1920 besetzt der Dichter Gabriele D’Annunzio mit einem Haufen Deserteure eine Stadt für Italien, die der italienische Staat nicht will. Und zwischen der Stimme des Dichters, den knallenden Stiefeln auf dem Asphalt, dem Rauschen der Maschinen in den Fabriken zieht sich in einem rasenden Fest alles zusammen: Die Ideen der Avantgardekunst und die Schrecken aus den Gefechten der Berge, die kolonialen Grossmachtphantasien Italiens und die Exzentrik der italienischen Dandys.
Arbeiter*innen schleppen sich zwischen den taumelnden Feiernden nach Hause, das Kokain schneit von den Decken hinab. Die Verfassung der besetzten Küstenstadt wird auf der Basis von Musik geschrieben, und die Melodie ist das Begehren – zueinander, nach Sinn, nach Befreiung. Symbole werden am Laufband produziert, im Privaten, in Sitzungsräumen und auf den Strassen – Symbole, die Mussolini in Mailand dankbar entgegennimmt.
In “Fiume” brodeln Fragen, die uns bis heute nicht verlassen haben: Was passiert, wenn alles herunterbricht, wenn die Katastrophe schon passiert ist und die Widersprüche einen Punkt erreicht haben, an dem es kein Zurück mehr gibt? Was, wenn die liberale Ideologie einen unlösbaren Anschlagpunkt erreicht hat, der Moment für die Revolution schon vorbei ist und begleitet von Orgien und Schreien nach Leben schon die nächste Katastrophe im schwarzen Hemd herbeimarschiert?